Tobias Sennhauser schickt den folgenden offenen Brief:
Sehr geehrte Damen und Herren
Ich sympathisiere sehr stark mit den Grünen, fühle mich jedoch als Veganer nicht vertreten. Und zwar aus folgenden Gründen:
Die Nutztierhaltung ist laut der Welternährungsorganisation (FAO) für 18% der weltweiten Treibhausgase verantwortlich. Dies ist mehr als der gesamte Verkehr. Die hauptverantwortlichen Klimagase in der Viehwirtschaft sind Methan, Ammoniak und Lachgas.
In der Politik kommt meist nur CO2 zur Sprache, dabei ist Methan (CH4) 21 mal klimaschädlicher. 1 Tonne Methan ist also so schädlich wie 21 Tonnen CO2. Eben dieses Methan wird grossteils von Wiederkäuern wie Rinder, Schafe und Ziegen produziert, die wir als sog. Nutztiere züchten, mästen und schlachten. Alleine in der Schweiz gibt es rund 1.5 Millionen Rinder, die täglich dem Klima schaden und allesamt im Schlachthof enden.
Ein weiteres Problem in der Viehwirtschaft ist die Bildung von Ammoniak, der zu den wichtigsten Luftschadstoffen zählt. Ammoniak entsteht unter anderem durch das Ausdünsten von Urin und Exkrementen der Nutztiere. Er versauert den Boden und die Gewässer und schädigt so das gesamte Ökosystem.
Darüberhinaus stellt die heutige Nutztierhaltung eine Bedrohung für Urwälder dar, die eigentlich als CO2-Speicher und unerschöpfliches Biotop fungieren. Täglich werden grosse Teile dieser Wälder abgeholzt, um Flächen für Futtermittel (Soja) oder Weideland zu erhalten. Seit 1975 wurde in Brasilien bereits mehr als die gemeinsame Fläche von Deutschland und Frankreich abgeholzt, während sich die inländische Soja-Produktion verfünfzigfachte. Von den neu angebauten Soja-Plantagen werden 80% für die Nutztierhaltung als sog. Kraftfutter nach Europa exportiert, damit unsere Nutztiere zu gesundheitsschädigender Hochleistung auflaufen. Gleichzeitig leiden in Brasilien gegenwärtig rund 32 Millionen Menschen an Unterernährung, zum Teil als Folge der industriellen Soja-Produktion.
Ebenso problematisch ist die globale Fischerei: Laut Angaben der FAO sind von den weltweit kommerziell verfügbaren Fischbeständen bereits 52% bis an ihre Grenze genutzt, 17% sind überfischt und 7% erschöpft. Dies obwohl die Meere und dessen Lebewesen von fundamentaler Bedeutung für das Ökosystem sind.
Nicht zuletzt stellt sich grundsätzlich die Frage, ob die Nutzung von Tieren für menschliche Zwecke gerechtfertigt ist, obwohl pflanzliche Alternativen vorhanden sind. Vegane Ernährung ist gesund, einfach und lecker und stellt damit eine reale Möglichkeit dar, sich zu ernähren.
Veganismus trägt zur Lösung der obigen Probleme bei, weil er die Nachfrage nach tierischen Produkten reduziert. Damit verringert sich auch die Anzahl der gehaltenen Tiere sowie die damit verbundene Klimaschädigung.
Die Grünen stehen unter anderem für ökologisches Gleichgewicht und Solidarität. In Anbetracht der harten Fakten und der Tatsache, dass sich Ihre Partei bisher weder zu der problematischen Seite der Nutztierhaltung noch zu verfügbaren, veganen Alternativen geäussert hat, ist für mich unklar, ob ich die Grünen noch wählen kann.
Wie stehen die Grünen bzw. einzelne VertreterInnen zu den Themen Veganismus und Nutztierhaltung? Über eine Stellungnahme würde ich mich sehr freuen.
Mit freundlichen Grüssen
Tobias Sennhauser
PS: Mehr Infos über Nutztierhaltung und Veganismus finden Sie auf der Webseite www.tier-im-fokus.ch
Und hier meine Antwort:
Die Wahlplattform von uns GrünAlternativen enthält gleich mehrfach Forderungen die in diese Richtung gehen: Darin fordern wir "weniger tierische Lebensmittel", die "Respektierung der Würde aller Tiere, für die Verbesserung der Qualität allen Lebens" und "Eine vielfältige Produktion von pflanzlichen Lebensmitteln und deren möglichst lokaler Konsum sollte besonders stark gefördert werden". Somit gehen wir das Thema auf eine konsequente Art an, ohne nur von "weniger Fleisch essen" zu reden und ohne das Thema "nur" auf Grund der Klima-Problematik zu thematisieren.
Ich persönlich würde mich als "Fast-Veganer" bezeichnen. Zuhause bin ich 100% vegan -
Restaurants haben bezüglich dem veganen Speiseplan noch eine Lernkurve vor sich
[stimmt natürlich, aber ist keine Entschuldigung]. Vegetarier bin ich seit über 20 Jahren. Ursprünglich aus ökologischen Gründen, die ethischen Einsichten kamen nach ein paar Jahren dazu. Heute finde ich persönlich, dass Menschen genauso wenig ein Recht haben, ein anderes Tier zu töten, es zu quälen oder es in seiner Freiheit einzuschränken, wie gegenüber anderen Menschen. Ist das klar genug?
Fortsetzung gegebenenfalls hier:
facebook.com/groups/gpbda/